Das Kriegsende in Altenkirchen

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Der Kampf um Flammersfeld und Weyerbusch

Über 8000 Soldaten und riesige Mengen an Kriegsmaterial hatten die Amerikaner über die intakte Remagener Rheinbrücke geschafft, deren Sprengung durch die deutschen Truppen nicht gelungen war. Aus Richtung Asbach rückten die Amerikaner dann unaufhaltsam Richtung Flammersfeld vor. Hier gab es einen vom Naziregime überzeugten Bürgermeister, der zur Verteidigung des Ortes in den Wäldern Schützenlöcher ausheben ließ, wozu er die schon reichlich geplagten Bauersfrauen unter Androhung der Todesstrafe einsetzte. Zweimal wurde in diesen Tagen Flammersfeld aus der Luft bombardiert. Als die Amerikaner näher rückten, wurde in der Nähe des heutigen Sportplatzes eine Panzersperre errichtet. Dieses letzte Bollwerk umgingen die Amerikaner einfach, und so wurde Flammersfeld am 17. März kampflos besetzt.

"Schon am 11. März war der erste und auch schweren Luftangriff auf Weyerbusch erfolgt, der den Ort zu etwa 80 % zerstörte", so berichtet Th. Sühnet im Heimatjahrbuch 1983. Die strategisch wichtige Lage an der alten Handels- und Heeresstraße war Anreiz genug für die amerikanischen B-52 Bomber, dieses vermeintliche Hindernis anzugreifen … 88 Menschen fand dabei den Tod. Diese hohe Zahl erklärt sich daraus, dass sich in diesen Tagen viele Evakuierte aus den Großstädten und Soldaten auf dem Rückzug hier aufhielten. Auch unter Kriegsgefangenen und Fremdarbeitern gab es Opfer. Die Statistik nennt folgende Zahlen: 2o Weyerbuscher, 52 Soldaten, 11 Evakuierte und 45 Fremdarbeiter. Aus Furcht vor Luftangriffen begrub man die Toten frühmorgens ohne großen Aufwand. Im übrigen hielten sich die Besatzer nicht unnötig lange in Weyerbusch auf, das nächste größere Ziel war Altenkirchen. "

Altenkirchen wird erobert

"Schon vor 1945 kam es zu kleineren Luftangriffen auf den strategisch wichtigen Verkehrsknotenpunkt Altenkirchen. Nach der Bildung des Remagener Brückenkopfes versuchte die amerikanische Führung so rasch wie möglich und ohne Risiko nach Osten vorzustoßen. Man vermutete in der Stadt noch Widerstand, was in einem Punkt auch stimmte. Im Gasthaus >Kumphof< hatte sich der Stab der Koblenzer Gauleitung der NSDAP eingenistet, zu dem auch Dr. Ley, Führer der Deutschen Arbeitsfront gehörte. Auf diese Information hin wurde das Haus durch einen Fliegerangriff zerstört. Die Herren hatten sich aber bereits abgesetzt. Auf die Vermutung hin, dass sich ein deutscher Kommandostab in Sörth bei Altenkirchen aufhielt, musste auch dieser Ort einen massiven Bombenangriff erleiden. Während viele Unschuldige ihr Hab und Gut verloren, tauchten in den Wirren dieser Tage die Parteifunktionäre in Zivilkleidung unter.

Am 1. März war die erste Bombe auf Altenkirchen gefallen. Am 8. März kam es zum ersten schweren Luftangriff auf die Stadt, der die Bahnhofstraße und die unte-

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re Kölner Straße zum Ziel hatte, wobei Bahnanlagen nur teilweise beschädigt wurden. Nun begann für die Bürgerschaft der Exodus; die Altenkirchener flüchteten in die umliegenden Dörfer, wo die Bewohner zusammenrückten, um die mit dem Nötigsten bepackte Städter bei sich aufzunehmen. Schon zwei Tage später, am 10.3., sollte sich dieses Verhalten als richtig erweisen. Der erneute Großangriff galt dem Stadtzentrum, der oberen Wilhelmstraße und der vorderen Frankfurter Straße. In den Luftschutzkellern gab es viele Tote. Bei dem wohl schwersten Angriff am 10. 3. blieb der älteste Stadtteil um die untere Marktstrage wie durch ein Wunder verschont. Die wahrscheinlich hierfür bestimmten etwa 100 Bomben gingen, entweder durch Zielfehler oder vom Nordwind abgetrieben, in das südlich angrenzende Wiedtal nieder. Der nächste Angriff am 17- März 1945 hatte die Oberstadt zum Ziel. Die katholische Kirche wurde zerstört und das Kreisgebäude schwer getroffen, dessen Belegschaft bereits seit Tagen in umliegende Dörfer evakuiert war. Ein letzter Angriff am 25- 3. traf auch die bisher noch verschonte evangelische Kirche.

Der neben dem Altenkirchener Waldfriedhof angelegte Ehrenfriedhof Weist 257 Gräber von Opfern des Bombenkrieges auf, die Gesamtzahl der Opfer wird auf 300 geschätzt.

"Am 26. März besetzten die Amerikaner das fast völlig zerstörte und menschenleere Altenkirchen, wobei sie zunächst mit Hilfe von Bulldozern versuchten, die Straße von Trümmern frei zu bekommen. Als dies nicht gelang, rissen sie vom Bahnhof bis zum Bahnübergang Frankfurter Straße die Schienen vom Hachenburger Bahndamm und umgingen so die Trümmerstätte. Dem Weitermarsch stand nichts mehr im Wege", so Th. Sühnel in einer geschichtlichen Facharbeit am Westerwald-Gymnasium.

Auf ihrem weiteren Vormarsch quartierten sich die amerikanischen Truppen – vor allem gegen Abend – in den jeweils erreichten Dörfern ein. H. Stawitzki berichtet darüber in der Dorfchronik "Wölmersen – Unser Dorf von Kriegsbeginn 1939 bis heute". Er schreibt: "Als die Amerikaner ins Dorf kamen, wurde jedes Haus nach zurückgebliebenen deutschen Wehrmachtsangehörigen durchsucht. Eine Anzahl Häuser mußte zur Unterbringung der Amerikaner geräumt werden. Auch wir mußten mit der ganzen Familie ausziehen. Mein Großvater durfte noch einige Stunden abends im Haus bleiben. Er machte den amerikanischen Soldaten heißes Wasser. Hierfür schenkten diese ihm Bohnenkaffee, eine Ware, die während des Krieges kaum zu haben war. Abends wurde dann für die Nacht strikte Ausgangssperre angeordnet … Die amerikanischen Soldaten waren allgemein sehr freundlich. Oft verschenkten sie Schokolade oder das bis dahin nicht bekannte Kaugummi … Die Amerikaner führten große Mengen an Verpflegung und Kraftstoff mit. Diese Dinge waren im ganzen Ort verteilt. So standen auch Hunderte volle Benzinkanister herum, die zum Teil beim Abzug der Amerikaner zurückblieben. Zuerst trauten sich die Dorfbewohner noch nicht, hiervon Gebrauch zu machen, jedoch nahm der Bestand nach einiger Zeit ab. Die Dorfbewohner hatten sich heimlich mit Vorrat eingedeckt. Das Leben im Dorf

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begann sich langsam wieder zu normalisieren ,obwohl noch vieles im Umstand war und auch noch vieles fehlte …

Quelle: Benno Solbach: Der 2. Weltkrieg. In: Der Landkreis Altenkirchen im 20. Jahrhundert. Eine Chronik. Hrsg. von der Kreisverwaltung Altenkirchen. Altenkirchen 1992, S- 156ff-. Für das Jahrbuch überarbeitet von J. Janke.

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